Krypta in der Stiftskirche

Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde diese Krypta nicht vor dem Jahr 819 erbaut; denn erst für dieses Jahr sind grundlegende Schenkungen beurkundet, die aus dem kleinen Kloster auf der Insel Puochau einen Stützpunkt des fränkischen Reiches machten. Mit Hilfe dieser materiellen Ausstattung war es erst möglich, an einen großen Kirchenbau zu denken, der mit der Unterkirche, mit dieser Krypta, begann. Mit anderen Worten: schon 1200 Jahre lang ist hier ein Ort des Gebetes und der Gottesdienste. Diese Krypta ist ein kunsthistorisches Zeugnis der Frühromanik und gilt als eine der frühesten Gebetsstätten Oberschwabens.

Die Krypta diente zu Zeiten des ersten Benediktinerinnen-Klosters oder Kanonissenstiftes als Ort der Verehrung der Reliquien der „Frankenheiligen“ Cornelius und Cyprianus, die im Jahr 818 hierher kamen. 

In den 1920er Jahren wurde die Krypta wieder entdeckt und 1930 neu geweiht, nachdem sie in früheren Zeiten zugeschüttet wurde; 

Historische Hintergründe

Im Jahr 770 wurde das Frauenkloster auf der Insel Buchau durch Adallint (Adelindis I.), Frau des Grafen Warin, eines fränkischen Ministeriale in Oberschwaben, gegründet. 

Das Jahr 819 brachte dem Frauenkloster eine wichtige Förderung: Der fränkische König Ludwig der Fromme, Sohn Karls des Großen, erteilte dem „Monasterium Puochau“ die Würde einer Abtei und stattete es mit Gütern aus, gab ihm die Rechte königlicher Immunität und der freien Wahl der Äbtissin. Die feierliche Schenkungszeremonie ist auf dem großen zentralen Deckengemälde der Stiftskirche dargestellt. Das ganze wurde noch dadurch unterstrichen, dass die Selige Irmengardis, eine Tochter König Ludwigs des Deutschen, Sohn Ludwigs des Frommen, hier von ca. 850 bis 860 Äbtissin war. Sie ist also eine Urenkelin von Karl dem Großen. Eine Urkunde aus dem Jahr 857 belegt, dass sie ihren Vater dazu bewegen konnte, Lehen des Klosters Reichenau, die nahe bei Saulgau lagen, für das Stift Buchau gegen königliche Güter bei Donaueschingen als Gegenleistung einzutauschen. Die Selige starb 866 im zarten Alter von 34 Jahren als Äbtissin auf dem Frauenchiemsee.

Sie machte sich hier in Buchau wie auch in ihren letzten Jahren auf dem Frauenchiemsee als Erneuerin, Bauherrin und Mutter der Armen einen großen Namen.

Erst die Förderung des Klosters im Jahr 819 ermöglichte es ja, an einen großen Kirchbau zu denken. Daher ist mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass ab dem Jahr 819 mit dem Bau der Krypta als Fundament und Unterkirche für die erste große romanische Kirche begonnen wurde. Sicher hat die Selige Irmengardis also hier in der Krypta gebetet und die Reliquien der Frankenheiligen verehrt, denn hier wurden Teile der Reliquien der Kirchenpatrone Cornelius und Cyprianus aufbewahrt, die Karl der Große von den Arabern erhalten hatte. Sie wurden später in die obere Kirche übertragen.

Die Krypta wurde im Laufe der Jahrhunderte zugeschüttet und geriet in Vergessenheit.

Bei einer Renovierung der Kirche zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde sie wiederentdeckt und auch wieder hergerichtet. Man fand dort den Sarkophag mit den Überresten der Seligen Adelindis wie auch ihrer drei ermordeten Söhne Beringer, Reginolf und Gerhard. Beide Sarkophage wurden neu gefasst und sind heute in der Krypta zu besuchen. Der restaurierte Zelebrationsaltar in der Krypta birgt Reliquien des heiligen Ulrich von Augsburg.

Spiritueller
Impuls

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