Normalerweise würden wir jetzt schon auf ein schönes Adelindis-Fest zurück blicken und sagen, dass das Wetter dieses Jahr aber zum Festgottesdienst und zum großen Umzug im Jubiläumsjahr besonders gut mitgemacht habe… Und bald stünden wir vor dem Bischofsbesuch zum Stiftsjubiläum, der für den 05. Juli geplant war. So aber mussten wir unwillkürlich lernen, dass unsere Planungen ganz schnell überholt werden können. Das sind wir in dieser Dimension überhaupt nicht gewohnt. Mit den Umplanungen im kleineren Umfeld unseres Lebens können wir jedoch noch einigermaßen gut umgehen. 

Schwieriger wird es, wenn wir unser Recht auf bestimmte Dinge und zuletzt uns selbst in Frage gestellt sehen. Das Leben ist aber mehr als meine Vorstellung darüber. Unsere Generation hat sich eine Vorstellung vom Leben zugelegt, in der immer alles offen steht: ich tue, was möglich ist; ich leiste mir, was das Leben hergibt; ich nutze alle Konsumgüter (Ski-Fahren, Flugreisen, Kreuzfahrt…), ich konsumiere also die Schöpfung, die technischen Möglichkeiten und die Welt überhaupt. Meine Teilnahme an dieser gewaltigen Maschinerie hält sie ja gleichzeitig aufrecht und ist für die meisten Zeitgenossen ein Zeichen für die Eroberung dieser Welt. Ist das aber der Sinn unseres Daseins, der Sinn unserer „Geschöpflichkeit“? Die letzten Jahre war schon öfter Mal die Rede von einem drohenden Kollaps unserer westlichen Zivilisation, denn weder die Umwelt noch der Mensch würden diese Entwicklung lange ertragen. Und nun kam der Kollaps, aber eben ganz anders als vermutet.

Wie sehr hat es unsere Schöpfung gedankt! Allein die vergangenen Wochen des Lockdowns haben eine erkennbare ökologische Erholung gebracht. Nur für die Umwelt? Ich denke doch auch, dass sie uns Menschen aus dem Hamsterrad der Betriebsamkeit heraus geholt haben. Ich verkenne nicht die Schwierigkeiten, die diese Wochen mit sich gebracht haben, wirtschaftlicher, existentieller und sozialer Art. Ich weise aber darauf hin, dass die Entschleunigung und der Bruch mit der Jagd von Veranstaltung zu Veranstaltung auch sein Gutes hatte. Nichts und niemand hätte das bewusst herbeiführen können. Wir wurden auf uns selbst verwiesen und haben (hoffentlich) wieder Werte des Lebens entdeckt, die vielleicht verschüttet waren. 

Daher halte ich auch diesen aktuellen Moment der Weichenstellung für die Zukunft für ganz entscheidend und für unglaublich wertvoll: Drängen wir mit Ungeduld wieder in den Zustand unseres alten Lebensstils? Oder haben wir etwas aus der Situation gelernt? Haben Sie Mut zu neuen Lebenszielen und -werten. Dieser Sommer birgt neue Perspektiven. Nicht die Ziele des Massentourismus bereichern unser Leben. Entdecken Sie den hohen Lebenswert, in den uns Gott hineingestellt hat.

Pfr. Martin Dörflinger