Wuhr-Kapelle

Die Wuhrkapelle ist nach dem vorbeifließenden Bach benannt. Sie wurde hier im Jahr 1727 erbaut durch den Bad Schussenrieder Klosterbaumeister Michael II. Mohr und der Gottesmutter geweiht. Die drei großen Deckengemälde zeigen von hinten nach vorne:

die Verabschiedung Marias aus ihrem Elternhaus, die Aufnahme Marias in den Himmel und die Verkündigung der Geburt Jesu an Maria.

Im Zentrum der Kapelle steht in der Mitte des dreikonchenartigen Chores auf einer Säule eine spätgotische Madonna der Ulmer Schule. Den Altar und das Stehkreuz fertigte Josef Henselmann (1898 – 1987), ein Münchner Bildhauer, der aus Laiz stammt.

Einen inneren Bezug zur Geschichte Buchaus und der Wirkungsgeschichte des Einflusses von Hermann von Altshausen zeigt die geistliche Betrachtung des Salve Regina in den sieben Holztafeln der Emporenbrüstung.

Historische Hintergründe

Die barocke Begrüßung am Ortseingang

Nähert sich der Besucher Bad Buchau von Westen durch die Ortschaft Kappel, so wird er vor dem alten Damm auf die ehemalige Insel Buchau von einer Kapelle mit markant barocken Zügen begrüßt. Es lässt sich erahnen, dass diese Kapelle das Tor zur ehemaligen Inselstadt bildete. Ein Vorgängerbau der Kapelle, der erstmals 1505 erwähnt wurde, musste wahrscheinlich erneuert werden. So ließ zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Fürstäbtissin des Siftes Buchau, Maria Theresia von Montfort, eine repräsentative Kapelle errichten, deren Anblick die Ankommenden auf die Präsenz des Damenstiftes einstimmte.

Der Schussenrieder Klosterbaumeister Michael II. Mohr schuf dieses Barockkirchlein, das am 02. Juli 1729, am Fest der Heimsuchung Mariens, eingeweiht werden konnte (das Datum ist im Inneren an der Unterseite der Empore in Barocklettern festgehalten, wo Einzelheiten zum Bau der Kapelle angeführt sind, wie z.B. die Gründung der Kapelle auf Erlenpfählen wegen des moorigen Untergrundes). Über der Eingangstür sind auf einer puttenkopfumrahmten Steintafel die Worte „Sub tuum praesidium“ als Programm dieser Kapelle gemeißelt: „Unter deinem Schutz“ – der Beginn einer alten Anrufung an die Gottesmutter Maria, der diese Kapelle geweiht ist.

Dem Besucher öffnet sich ein heller und farbintensiv gestalteter sakraler Raum. Der Blick wird zunächst von den drei Deckengemälden gefangen genommen, Bildmedaillons, die Szenen aus dem Marienleben wiedergeben: Der Abschied Mariens von ihren Eltern Joachim und Anna, in der Mitte der Decke die Himmelfahrt Mariens und über dem Altar die Verkündigung der Geburt Jesu durch den Engel.

Die filigranen Stuckornamente zeugen davon, dass der Zeitgenosse des Barock die bis dahin vorherrschende schwere und bisweilen überschwängliche Ausdrucksform hinter sich lassen wollte zugunsten einer gewissen Leichtigkeit. Ionisierende Pilaster gliedern die Wände und auch die bemalte Decke. Der Chorraum ist der nachkonziliaren Ordnung angepasst worden. Im Scheitelpunkt der Apsis im dreikonchenartigen Ostchor steht auf einer Säule eine spätgotische Madonna aus der Ulmer Schule. Sie diente Jahrhunderte lang zur Verehrung als Gnadenbild, das als Ziel von Wallfahrten oder Prozessionen aufgesucht wurde.

Den Altar und das Stehkreuz fertigte Josef Henselmann (1898 – 1987), ein Münchner Bildhauer aus der hiesigen Region (Laiz).

Interessant sind die sieben Holztafeln, die die Brüstung der Empore zieren. Sie meditieren das Gebet „Salve Regina“ in Bild und Text, das noch vor dem „Gegrüßet seist du, Maria“ in der ganzen Römisch-katholischen Kirche zum Allgemeingut geworden ist. Der Universalgelehrte Hermann der Lahme, geboren in Altshausen, Mönch des Klosters Reichenau im 11. Jahrhundert, gilt als sein Verfasser.

Die Medaillons bestehen immer aus einem Zitat des Salve Regina (obere Zeile) und aus einer Deutung (untere Zeile):

  1. Medaillon: oben: Sei gegrüßt, Königin / unten: Muttergottes, Himmelskönigin
  2. Medaillon: oben: Mutter der Barmherzigkeit / unten: Diese (Maria) ist Trost und Linderung in der Nacht
  3. Medaillon: oben: Leben und Süßigkeit / unten: Früchte sind süß, wenn du, Sonne, sie sanft berührst.
  4. Medaillon: oben: und unsere Hoffnung, sei gegrüßt. / unten: Diese ist die Hoffnung auf Heil, wie verheißen.
  5. Medaillon: oben: Zu dir rufen wir / unten: Wer dich so sucht, wird sicher sein.
  6. Medaillon: oben: Zu dir seufzen wir / unten: Von dir geht eine Schönheit aus wie bei Sonnenfinsternissen.
  7. Medaillon: oben: In diesem Tal der Tränen / unten: Sie steht fest wie der Mastbaum in einer Welt der Unruhe.

Ein bedenkenswertes Detail bildet die Mondsichel zu Füßen des Kreuzes außen auf der Turmspitze. Ob es sich dabei um eine Analogie zu der im Buch der Offenbarung geschilderten Vision der apokalyptischen Frau mit dem Mond zu ihren Füßen (Offb 12,1) handelt oder ob es gar eine Aussage über den Islam darstellt, wird dem Vorbeigehenden zur weiteren Betrachtung mitgegeben.

Spiritueller
Impuls

Ankommen und Abschied nehmen: Wie oft liegen diese Realitäten unseres Lebens dicht beieinander! Diese Kapelle begrüßt Sie am Ortseingang von Bad Buchau. Sie sollen gerne hier ankommen. Gleichzeitig lehrt die Kapelle das Abschiednehmen: Maria verabschiedet sich von ihren Eltern Joachim und Anna. Joachim scheint dem Josef ins Gewissen zu reden: „Pass nur ja gut auf unsere Maria auf!“ 

Wie oft heißt es in unserem Leben Abschied nehmen: vom Kindergarten, von der Schule, von den Eltern, von den Freunden, im Tod – vgl. Himmelfahrt – und immer ist auch ein Neubeginn, nie fallen wir dabei ins Leere. Im Gegenteil: wir werden immer einem Nächsten anvertraut. Nicht zuletzt sollen wir auch unsere Kinder einmal loslassen und sie ihren Partnern anvertrauen.

Kennen Sie diese Elternsorge? Sie wendet sich meistens in Großelternglück.

Maria wurde in gute Hände gegeben: der heilige Josef war ein Häuslebauer, ein Spezialist für Heimat und Geborgenheit. Er hatte das Fundament und das Dach über dem Kopf immer im Blick.

Auch diese Wuhrkapelle hat ein interessantes Fundament: wegen ihrem moorigen Untergrund wurde sie auf Erlenpfählen gegründet. 

Worauf gründen Sie? Was ist das Fundament Ihres Lebens und Glaubens? Was gibt Ihnen Halt?

Am Puls der Zeit gelegen, am Straßenverkehr, der immer mehr wird und der die getriebenen Menschen an diesem Ort der Einkehr vorbeischleust, muss diese Kapelle auf sich aufmerksam machen. Danke, dass Ihr Besuch sie würdigt. 

Routenplan

Wählen Sie Ihre Route!

Dieser Weg führt Sie zur Ruhe-Christi-Kapelle und zurück.
Länge: 2,4 km

Dieser Weg führt Sie über Kappel zur Plankentalkapelle und zum Aussichtsturm und zurück.
Länge: 3,9 km

Dieser Weg führt Sie über das Bischof-Sproll-Haus, den Synagogenplatz und die Evangelische Kirche zur Krypta in der Stiftskirche und zurück.
Länge: 2,7 km

„Größe entsteht zunächst – und immer – aus einem Ziel, das außerhalb des eigenen Ichs gelegen ist.“

Antoine de Saint-Exupéry